Ein Freund, ein guter Freund, …

„Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität. Die Kinder widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.“ Dieses berühmte Zitat wird seit dem 3. April 1966 dem griechischen Philosophen Sokrates zugeschrieben, als die New York Times den Amsterdamer Bürgermeister zitierte.

Rafael: Die Schule von Athen

Nicht nur damals in Griechenland oder in den 1960er Jahren in Holland, auch heute noch klagen Eltern und Lehrer über die schlechten Manieren oder sorgen sich um das soziale Wohlergehen ihrer Kinder. Ein Grund für das Unverständnis zwischen den Generationen ist das unterschiedliche Verhalten bei der Nutzung sozialer Medien und neuer Technologien.

Amerikanische Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 8 und 18 Jahren benutzen durchschnittlich siebeneinhalb Stunden täglich irgendein elektronisches Gerät: vom Smartphone über den MP3-Player bis zum Computer. Das fand die Kayser Family Foundation zu Beginn dieses Jahres in einer Studie heraus. Auch wenn in Deutschland noch keine amerikanischen Verhältnisse herrschen, so kann man auch hier in eine beliebige Schule gehen und zusehen, wie spätestens mit dem Pausenklingeln Handys aus den Taschen gezaubert werden um schnell ein paar SMS zu tippen. Auch hierzulande beklagen Eltern und Lehrer den angeblich damit einhergehenden Sprachverfall. Und sie fragen sich: Wenn die Kinder dieser neuen digitalen Generation in sozialen Netzwerken wie SchülerVZ, StudiVZ oder Facebook mehr als 500 vermeintliche „Freunde“ haben, müssen wir uns dann um die Zukunft sorgen?

(C) Facebook Data Team: Beziehungen auf Facebook

Das müssen wir ganz sicherlich, aber wir sollten auch ein wenig genauer hinschauen. Die englische Wochenzeitschrift Economist berichtete in einem Artikel unter dem Titel „Primaten auf Facebook“ im letzten Jahr darüber, dass selbst Menschen mit sehr vielen Facebook-Freunden mit nur sehr wenigen dieser Freunde tratsächlich in ständigem wechselseitigen Austausch stehen. 10 bis 16 Personen sind es nach einer Studie des Facebook Data Teams für Mitglieder mit mehr als 500 „Freunden“. Der durchschnittliche Benutzer auf Facebook hat jedoch „nur“ 120 Freunde, und kommuniziert folglich regelmäßig und wechselseitig mit 3-7 Personen. Das sieht dem guten alten Begriff der Freundschaft doch ganz ähnlich.

Auf den ersten Blick scheinen soziale Netzwerke wie Facebook, SchülerVZ oder StudiVZ den Begriff „Freund“ abzuwerten. Und einige Eltern dürften beeindruckt oder beängstigt sein in Anbetracht der sozialen Multitasking-Fähigkeiten der eigenen Kinder. Dennoch scheinen auch die sogenannten Digital Natives (engl.: digitale Eingeborene) in der Lage zu sein, Freundschaften in ihren sozialen Netzwerken aufzubauen und zu pflegen. Der Economist brachte es auf den Punkt: „Der Neocortex ist die Grenze.“

Es war Robin Dunbar, ein Anthropologe aus Oxford, der aus den Gehirngrößen und sozialen Netzwerken von Menschenaffen auf den Menschen extrapolierte und herausfand, dass die Größe des menschlichen Gehirns stabile Netzwerke von etwa 148 Personen ermöglicht. Viele Institutionen, von neolithischen Siedlungen über das Manipel in der römischen Armee scheinen nach dieser Dunbar-Zahl organisiert zu sein. Und auch Digital Natives in ihrem neuen Lebensraum der Sozialen Netzwerke scheinen diese Grenze nicht zu überschreiten.

Bis vor kurzem konzentrierten sich die Bedenken über den Einsatz neuer Technologien vor allem auf die Auswirkungen für die geistige Entwicklung der Kinder. Mittlerweile wird auch danach geschaut, wie sich deren Einsatz auf die sozialen Beziehungen und Freundschaften auswirkt. Damit werden die Sorgen über die sozialen Auswirkungen von der dunkleren Seite des vernetzten Lebens – mit Cyber-Bullying oder sexuell anstößigen Text-Botschaften, ins rechte Licht gerückt und in einen weiteren Kontext gestellt.

Meiner Meinung nach sind die meisten Sorgen der älteren Generation das Ergebnis von etwas, was Remo Largo, ein Schweizer Kinderarzt und Autor von Babyjahre, Kinderjahre und Schülerjahre, „misfit“ zwischen kindlichem Verhalten und der Umwelt nennen würde. In diesem Sinne müssten sich neue und innovative Lernumgebungen besser an die individuellen Bedürfnisse der Kinder anpassen. Das bedeutet einerseits neue Ansätze zu erproben, um einem digitalen Analphabetismus entgegenzuwirken und die digitale Kluft zu verkleinern.

Aber es geht auch darum, sich für die neue Lebenswelt der Kinder und ihre Bedürfnisse im virtuellen Lebensraum zu interessieren. Eine bessere Bildung wird ihnen dabei helfen, das Gleichgewicht zu finden zwischen Öffentlichkeit und Privatsphäre, Vernetzung und Freundschaft, Multitasking und Konzentration, leichtgewichigem Geplauder und persönlicher Reflexion. In einem Wort, zwischen Online-Netzwerken und dem Leben da draußen.

iPad hilft gegen Papierverschwendung in Schulen

(C) Foto Fritz Busch (www.nujournal.com)

Wer erinnert sich eigentlich noch an die Schiefertafel? Vielleicht unsere Großeltern. Papier war zu teuer und zu selten, um in Schulen verwendet oder verschwendet zu werden. Das hat sich im Laufe der Zeit geändert und jeder, der die Schule in den letzten 50 Jahren verlassen hat, sollte bemerkt haben wie viel Papier mittlerweile mehr oder weniger sinnvoll im Unterricht eingesetzt wird. Zwar ist bei weitem nicht jedes Blatt Papierverschwendung, aber sicherlich kann jede einzelne Schule das Papieraufkommen reduzieren. Nicht wenige Arbeitsblätter und zigfach vervielfältigte Kopiervorlagen, zunächst mühsam von den Kindern nach Hause getragen, landen dann ungelesen im Papierkorb.

Aber nun kommt das iPad und mit ihm neue Wege  über eine papierlose Schulen nachzudenken. Da wäre zum Beispiel der Kauf von 320 iPads in einer High School in Minnesota. Der Schulbezirk stellte für seinen Technologie-Fonds 267.748 Dollar bereit, um der ersten Schule landesweit den Kauf der Geräte auf Schulebene zu ermöglichen. Ein einziges iPad kostet 479 Dollar. Das Geld wird nicht nur für den Kauf von 320 iPads eingesetzt, sondern auch für erweiterte  Zwei-Jahres-Garantien für Studenten und Mitarbeiter, die notwendige Wi-Fi-Infrastruktur und die Ausbildung der Lehrkräfte. Laut einem Artikel auf NUjournal.com mögen die Schüler die neuen iPads in ihrer Schule.

„Als erstes müssen wir schauen, welche iPad-Anwendungen am besten zum Lehrplan passen,“ sagte der Direktor der High School Jeff Bertrang. Und er fügt hinzu: „Die Studenten werden jetzt auch keine 100-Dollar-Taschenrechner mehr kaufen müssen.“

Es ist schon eine spannende Idee, sich all die Papiereinsparungen vorzustellen, die im Laufe der Zeit verwirklicht werden können. Vermutlich gehen sie auch mit Kosteneinsparungen einher, wenn auch die Lehrbücher in Zukunft vollständig digitalisiert vorliegen.