Was passiert, wenn Sie Kindern 20 Jahre alte Technik geben? Sie kommen sich vor wie im Antiquitätenladen.
Seit Paul Virilio in den späten 1970er Jahren den Begriff Dromologie (die Lehre der Geschwindigkeit) prägte, hat sich die Suche nach dem Sinn des immer rascheren Wandels zu einem respektablen Forschungsfeld entwickelt. Der Jenaer Soziologe Hartmut Rosa beschrieb die Beschleunigungsgesellschaft in einem Interview für die ZEIT folgendermaßen:
„Die Zeit wird uns wirklich knapp, und zwar aus drei Gründen: Erstens nimmt die technische Beschleunigung zu, das Auto ist schneller als das Fahrrad, die E-Mail schneller als der Brief, wir produzieren immer mehr Güter und Dienstleistungen in immer kürzerer Zeit. Das verändert den sozialen Erwartungshorizont: Wir erwarten von einander auch eine höhere Reaktionsfrequenz. Dazu kommt, zweitens, der soziale Wandel. Leute wechseln ihre Arbeitsstelle in höherem Tempo als früher, ihre Lebenspartner, Wohnorte, Tageszeitungen, ihre Gewohnheiten .
Letztes Jahr unternahm der französische Journalist Jean-Christophe Laurent einen interessanten Versuch, diese Beschleunigung zu illustrieren. Er zeigte Grundschullkindern alte Technik darunter Floppy-Disketten, einen Game Boy der ersten Generation, eine Maus aus den 1980er Jahren oder ein Telefon mit Wählscheibe und filmte ihre Reaktionen. Am Ende fragt er: „Nicht einmal 30 Jahre alt … Und schon Antiquitäten?“
Gewiss, denn die Menschheit erneuert ihre Werkzeuge inzwischen in weniger als einer Generation. Sollte dies nicht auch die Art und Weise, wie wir lernen beeinflussen? Die Herausforderung besteht dabei nicht so sehr in der Technik selbst, als vielmehr im Wandel und im Umgang mit diesem. Es gibt jedoch Hoffnung, wenn man die hier befragten Kinder dabei beobachtet, wie sie sich die Bedeutung von Dingen erschließen, die ihnen unbekannt sind, sie mit Sachen vergleichen, die sie kennen um ihnen endlich einen Sinn zu geben. Kinder sind Entdecker, und wenn die Schule es schafft ihre Neugier nicht verkümmern zu lassen und ihnen darüber hinaus noch hilft, ihre Fähigkeiten weiterzuentwickeln, sind „technologische Antiquitäten“ überhaupt kein Problem.